Zur Sozialversicherungspflicht eines Synchronsprechers

SG Berlin, Urteil vom 20.04.2011 – S 36 KR 17/10

Zur Sozialversicherungspflicht eines Synchronsprechers. (Rn.37)

(Leitsatz des Gerichts)

Bei der Tätigkeit eines Synchronsprechers handelt es sich entsprechend der oben dargelegten Rechtsprechung des BVerfG und des BAG grundsätzlich um eine programmgestaltende Mitarbeit. Auch wenn dem Synchronsprecher der zu sprechende Text grundsätzlich vorgegeben wird und er sich zudem an die Anweisungen von Regisseur, Cutter und Tonmeister zu halten hat, erbringt er im Hinblick auf das von der Produktionsfirma hergestellte Endprodukt der synchronisierten Tonfassung eines (ausländischen) Films im Wesentlichen eigenschöpferische künstlerische Leistungen, ohne die das Gesamtwerk nicht gelingen könnte. Er muss mit Sprachgefühl und Einfühlungsvermögen die fremde Sprache des Ausländers in der filmischen Vorlage so naturgetreu wie möglich ins Deutsche transponieren. Für Aufgaben dieser Art werden für eine bestimmte Rolle Synchronsprecher wegen ihrer Stimme und ihrer Sprechweise und nach dem besonderen Sprachgefühl und Einfühlungsvermögen ausgesucht. Diese Tätigkeit ist in ihrer Qualität mit der eines Schauspielers im Spielfilm vergleichbar, die in der Regel als künstlerisch zu qualifizieren ist. Ebenso wie der Filmschauspieler eine Rolle außer mit Gestik und Mimik auch mit der Sprache gestaltet, bedient sich ein Synchronsprecher der Sprache als Ausdrucksmittel (Rn.47)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1 Die Beteiligten streiten um die Rentenversicherungspflicht des Klägers im Rahmen seiner Tätigkeit als Synchronsprecher für die Beigeladenen zu 1) bis 8) und 13).

2 Der Kläger ist unter anderem Synchronsprecher und synchronisiert u.a. ausländische Filme und TV-Serien. Er ist in diesem Rahmen für viele verschiedene Produktionsgesellschaften in der Regel für kurzfristige Projekte von zum Teil nur wenigen Tagen tätig. Die Vergütung der Tätigkeit erfolgte teilweise auf selbstständiger Basis ohne Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, teilweise aber auch auf Basis abhängiger Beschäftigungen, die jeweils zum Teil als kurzfristig, unständig oder ständig zur Sozialversicherung angemeldet wurden, wobei sich die Produktionsfirmen überwiegend an den von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger in dem Gemeinsamen Rundschreiben vom 30.09.2005 zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Synchronsprechern (abrufbar unter www.beck-online.de; im Folgenden: Gemeinsames Rundschreiben vom 30.09.2005) dargelegten Abgrenzungskriterien richten.

3 Neben seiner Tätigkeit als Synchronsprecher spricht der Kläger auch Dokumentationen, TV-Beiträge und Werbung und rechnet diese Tätigkeiten jeweils auf selbstständiger Basis ab.

4 Im Jahr 2007 war der Kläger als Synchronsprecher unter anderem für die Beigeladenen zu 1) bis 8) jeweils an nur einem oder wenigen Tagen als Synchronsprecher auf selbstständiger Basis tätig und erhielt hierfür jeweils Honorarzahlungen unter Ausweis der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Hinsichtlich der einzelnen Tätigkeitstage und der daraus erzielten Entgelte wird auf die Aufstellung des Klägers auf Seite 2 des Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 04.10.2010 (Bl. 104 der Gerichtsakten) Bezug genommen. Schriftliche Verträge wurden insofern nicht geschlossen. Allerdings war dem Kläger bekannt, dass sich die Produktionsfirmen in der Regel an die in dem Gemeinsamen Rundschreiben vom 30.09.2005 aufgestellten Abgrenzungskriterien hielten, so dass er in der Regel vorher wusste, dass bei einer nur kurzfristigen Tätigkeit von einem oder wenigen Tagen von den Produktionsfirmen keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden, sofern es sich nicht um Serienproduktionen handelte. Die Beigeladenen zu 8) und zu 13) meldeten den Kläger darüber hinaus teilweise (vgl. wiederum Bl. 104 der Gerichtsakten, dort in Spalte 2 mit „h“ gekennzeichnet) jeweils als kurzfristig Beschäftigten zur Renten und Arbeitslosenversicherung an für Synchronsprechertätigkeiten im Rahmen von Serienproduktionen an und zahlten für die einzelnen Einsatztage unter Zugrundelegung der so genannten Tages-Beitragsbemessungsgrenze (Tages-BBG) Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung.

5 Die Höhe der Vergütung des Klägers richtete sich in der Regel nach der Gagenliste des Klägers, die dieser den Produktionsfirmen bekannt gab. In einzelnen Fällen wurden auch hiervon abweichende Gagen vereinbart.

6 Mit Schreiben vom 16.06.2008 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Überprüfung der Sozialversicherungspflicht und Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen bezüglich seiner Tätigkeit unter beispielhafter Aufführung einzelner Tätigkeitstage für die Beigeladenen zu 1) bis 8) und 13). Die Beigeladenen zu 1) bis 8) hätten den Kläger zu Unrecht als Selbstständigen behandelt und keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Die Beigeladene zu 8) (soweit eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte) und die Beigeladene zu 13) hätten den Kläger zu Unrecht als kurzfristig beschäftigt angemeldet anstatt als unständig beschäftigt.

7 Mit Bescheid vom 19.06.2008 lehnte die Beklagte die Feststellung der Versicherungspflicht ab unter Hinweis auf das Gemeinsame Rundschreiben vom 30.09.2005 ab.

8 Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers begründete dieser damit, dass er im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Tätigkeiten unter Zugrundelegung der tatsächlichen Verhältnisse abhängig beschäftig gewesen sei. Nach Befragung der Beigeladenen zu 1) bis 8) und der Beigeladenen zu 13) teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 07.10.2009 mit, dass die Tätigkeiten für die Beigeladenen zu 1) bis 7) und bezüglich eines Teils der Tage auch für die Beigeladene zu 8) nicht versicherungspflichtig waren. Hinsichtlich der Tätigkeit für die Beigeladene zu 13) und die Beigeladene zu 8) an den übrigen Tagen lag Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung vor. In der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreiheit. Den vom Kläger mit der Begründung aufrechterhaltenen Widerspruch, dass es sich bei allen Tätigkeiten um unständige Beschäftigungen gehandelt habe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger in den in Rede stehenden Tätigkeiten nicht der allein noch in Betracht kommenden Rentenversicherungspflicht unterlegen habe, sondern selbstständig gewesen sei. Dies ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sowie im Besonderen unter Zugrundelegung des Gemeinsamen Rundschreibens vom 30.09.2005, das auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entspreche.

9 Am 06.01.2010 hat der Kläger Klage erhoben.

10 Er ist der Ansicht, bei den streitgegenständlichen Tätigkeiten handele es sich jeweils um unständige abhängige Beschäftigungen, in deren Rahmen der Kläger der Rentenversicherung unterlegen habe. Maßgeblich seien im Rahmen der Abgrenzung allein die tatsächlichen Verhältnisse, während das Gemeinsame Rundschreiben vom 30.09.2005, das ohne Beteiligung eines zu dieser Zeit noch nicht bestehenden Berufsverbandes der Synchronsprecher zustande gekommen sei und von der bis dahin geltenden ständigen Rechtsprechung und der geübten Praxis der Sozialversicherungsträger abweiche, keine Bindungswirkung entfalte. Tatsächlich sei der Kläger von den Weisungen der Produktionsfirma, der Regie und des Cutters abhängig und in die betriebliche Organisation der jeweiligen Produktionsfirma eingegliedert gewesen. Ort und Zeit der Tätigkeit seien ihm vorgegeben gewesen und er habe ausschließlich die Arbeitsmittel und Produktionsräume der Produktionsfirma genutzt. Die Arbeitszeiterfassung und die Kontrolle der zu vergütenden Leistungen liege allein bei der Produktionsfirma und der Kläger trage auch kein eigenes unternehmerisches Risiko, da er eine rein zeitabhängige Vergütung erhalte, kein eigenes Kapital einsetze und der Erfolg seiner Tätigkeit nicht ungewiss sei. Den Inhalt des zu sprechenden Textes dürfe er nicht verändern. Dass die Tätigkeit teilweise nur wenige Tage gedauert habe, spreche nicht gegen das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit, wie sich schon aus den gesetzlichen Regelungen über unständige Beschäftigungen zeige. Die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des BFH sei auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht übertragbar, zumal das Steuerrecht keine unständigen Beschäftigungen kenne. Die Änderung der Einordnung durch das Gemeinsame Rundschreiben vom 30.09.2005 habe dazu geführt, dass der weit überwiegende Teil der Synchronsprecherleistungen nur noch selbstständig abgerechnet werde, was wiederum zur Folge habe, dass die soziale Absicherung der Synchronsprecher gefährdet sei, zumal sich die Beigeladene zu 12) (Künstlersozialkasse) nicht an den plötzlich geänderten Kriterien der Spitzenverbände orientiere, sondern an der ständigen Rechtsprechung und der langjährigen Verwaltungspraxis.

11 In der mündlichen Verhandlung am 20.04.2011 hat die Beklagte das Bestehen der Rentenversicherungspflicht im Rahmen der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 8) am 08.06.2007 anerkannt. Die Beigeladene zu 8) hat ihre Pflicht zur entsprechenden Nachentrichtung von Beiträgen ebenfalls anerkannt.

12 Der Kläger beantragt,

13 den Bescheid der Beklagten vom 19.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bei seinen Einsätzen als Synchronsprecher bei der

14 – Beigeladenen zu 1) am 04.06.2007

15 – Beigeladenen zu 2) am 23.01.2007, 05.02.2007 und 15.10.2007,

16 – ….film …..production …. am 12.01.2007, 14.02.2007, 02.04.2007 und 11.04.2007,

17 – Beigeladenen zu 4) am 23.02.2007,

18 – Beigeladenen zu 5) am 13.01.2007 und 14.11.2007,

19 – Beigeladenen zu 6) am 12.09.2007,

20 – Beigeladenen zu 7) am 19.06.2007,

21 – Beigeladenen zu 8) am 10.01.2007, 12.03.2007, 22.03.2007, 24.03.2007, 09.05.2007, 08.06.2007, 06.07.2007, 20.08.2007, 23.08.2007, 29.08.2007, 24.09.2007, 17.10.2007, 19.10.2007, 01.11.2007 und 27.11.2007

22 – Beigeladenen zu 13) am 01.03.2007, 03.03.2007, 08.03.2007, 17.03.2007, 19.03.2007, 23.03.2007, 24.03.2007, 28.03.2007, 29.03.2007, 11.04.2007, 24.04.2007, 02.05.2007, 09.05.2007, 18.05.2007, 24.05.2007, 29.05.2007, 30.05.2007, 07.06.2007, 09.06.2007, 11.06.2007, 18.06.2007, 20.06.2007, 21.06.2007 und 04.07.2007

23 jeweils als unständig Beschäftigter rentenversicherungspflichtig war.

24 Die Beklagte beantragt,

25 die Klage abzuweisen.

26 Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Die Heranziehung des Rundschreibens der Spitzenverbände zur Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung sei nicht zu beanstanden, da die darin aufgeführten Abgrenzungskriterien auch der Rechtsprechung insbesondere des BFH entsprächen.

27 Die Beigeladene zu 7) beantragt,

28 die Klage abzuweisen.

29 Sie habe den Kläger nur einmal beauftragt und für das Entgelt Künstlersozialabgabe an die Beigeladene zu 12) abgeführt.

30 Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

31 Die Beigeladene zu 6) teilt mit, dass sie den Kläger lediglich für einen Tag beauftragt habe für eine nicht durchgehende Serienrolle und dass sie für diese Tätigkeit entsprechend der Übereinkunft der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe.

32 Die Beigeladene zu 11) schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an.

33 Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung am 20.04.2011 zu seiner Tätigkeit befragt. Hinsichtlich der von ihm in diesem Rahmen gemachten Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

34 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten, sowie der Beigeladenen zu 9) und 12), die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

35 Der Klageantrag war unter Berücksichtigung des tatsächlichen Begehrens des Klägers hinsichtlich der Tätigkeiten für die Beigeladenen zu 8) und zu 13), hinsichtlich der diese tatsächlich Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge abgeführt hatten, dahingehend auszulegen, dass der Kläger insofern die Feststellung begehrt, dass wegen der Unständigkeit der Tätigkeit keine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung bestand und dass die Beklagte bei den Beigeladenen zu 8) und 13) weitere Beiträge zur Rentenversicherung einziehen soll.

36 Der dahingehend ausgelegte Klageantrag ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) zulässig aber unbegründet.

37 I. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer sich aus § 28h Abs. 2 SGB IV ergebenden Zuständigkeit zu Recht entschieden, dass der Kläger im Rahmen der streitgegenständlichen Tätigkeiten für die Beigeladenen zu 1) bis 8) und 13) im Jahr 2007, soweit diese nicht als sozialversicherungspflichtig angemeldet wurden, nicht der Rentenversicherungspflicht unterlag.

38 Zu Recht hat die Beklagte in Übereinstimmung mit den in dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände vom 30.09.2005 dargelegten Abgrenzungskriterien und der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 01.03.1973 – IV R 231/69; vom 03.8.1978 – VI R 212/75 und vom 12.10.1978 – IV R 1/77, jeweils zitiert nach juris) die nur kurzzeitigen Tätigkeiten des Klägers für die Beigeladenen zu 1) bis 8) als selbstständige und damit schon dem Grunde nach nicht sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten angesehen (in diesem Sinne auch SG Hamburg, Urteil vom 06.12.1991 – 21 KR 306/90, zitiert nach beck-online; Seewald, in Kasseler Kommentar, SGB IV, 67. EL 2010, § 7 Rdnr. 125, Stichwort: Synchronsprecher; Thürmer, in Blümich, EStG, 108. Aufl., § 3 Rdnr. 120, Stichwort Synchronsprecher; Voelzke, in Küttner, Personalhandbuch, 17. Aufl. 2010, Scheinselbstständigkeit, C.4. Rdnr. 21, Stichwort: Synchronsprecher; Hunold, NZA-RR 1999, 505, 510; Plagemann, Münchener Anwaltshandbuch, Sozialrecht, 3. Aufl. 2009, § 6 Rdnr. 83; vgl. auch – zur Einordnung von Synchronsprechern als selbstständige Künstler im Sinne des KSVG – LSG Berlin-Brandenburg vom 22.10.2003 – L 9 KR 135/00; zur Verneinung der Arbeitnehmereigenschaft von Synchronsprechern vgl. auch BGH, Urteil vom 22.09.1983 – I ZR 40/81 = NJW 1984, 1112; a.A. LSG Hamburg, Urteil vom 24.02.1994 – VI KRBf 4/92 [Berufungsurteil zum o.g. Urteil des SG Hamburg]; SG Berlin, Urteile vom 02.08.2005 – S 81 KR 491/03 – 1 und S 81 KR 491/03 – 2; jeweils unveröffentlicht [Im Rahmen der gegen die Urteile der 81. Kammer des SG Berlin anhängig gewesenen Berufungsverfahren erkannte die dort beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit jeweils an]).

39 Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungspflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil vom 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R, juris)

40 Ausgangspunkt der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 24.01.2007 – B 12 KR 31/06 R = SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 17; Urteil vom 28.05.2008, a.a.O.) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 24.01.2007, a.a.O., RdNr. 17, m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung danach so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.

41 Von diesen Grundsätzen ist auch bei Beurteilung einer Tätigkeit im Bereich Film, Funk und Fernsehen auszugehen. In Anlehnung an eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, in der ein verfassungsrechtlich durch Artikel 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz geschütztes Recht der Rundfunkanstalten anerkannt worden ist, frei von fremder Einflussnahme über Auswahl, Einstellung und Beschäftigung solcher Rundfunkmitarbeiter zu bestimmen, die programmgestaltend tätig sind (vergleiche Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13.01.1982, 1 BvR 848/77NJW 1982, 1447 ff.). Deshalb stellt die höchstrichterliche Rechtsprechung in besonderer Weise auf die Art der ausgeübten Tätigkeit ab und unterscheidet zwischen programmgestaltender Tätigkeit einerseits und rundfunk- bzw. fernsehtypischer Mitarbeit an Sendungen andererseits (vergleiche BSG, Urteil vom 03.12.1998 – B 7 AL 108/97 R; BAG, Urteil vom 11.03.1998 – 5 AZR 522/96 = NZA 1998, 705 ff.; BAG, Urteil vom 22.04.1998 – 5 AZR 342/97 = NZA 1998, 1336 ff.). Insoweit ist jedoch anerkannt, dass den Gerichten durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes kein modifizierter Prüfungsmaßstab für die Frage, ob ein Mitarbeiter als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter zu beurteilen sei, auferlegt worden ist (vergleiche BAG, Urteil vom 30.11.1994 – 5 AZR 704/93 = NZA 1995, 622 ff. m.w.N.). Vielmehr wird dabei an den Grundsatz angeknüpft, dass der Grad der persönlichen Abhängigkeit auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit abhängt. Danach gibt es eine Reihe von Tätigkeiten, die sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses erbracht werden können, während es umgekehrt Tätigkeiten gibt, die nach ihrer Art oder Organisation nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können (vergleiche BAG, Urteil vom 30.11.1994, a.a.O.).

42 Bezogen auf den Rundfunk- und Fernsehbereich geht die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass programmgestaltende Mitarbeit abhängig von den Einzelfallumständen sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als auch im Rahmen von freien Mitarbeiterverhältnissen erbracht werden können, während sich rundfunk- und fernsehtypische Mitarbeit an Sendungen in der Regel nur im Rahmen von Arbeitsverhältnissen durchführen lässt (vergleiche BAG, Urteil vom 11.03.1998 m.w.N.). Dagegen wird der Gesichtspunkt, dass Mitarbeiter im Bereich Funk und Fernsehen ihre Dienste häufig nur mit Hilfe des technischen Apparates der Rundfunkanstalt und eines Mitarbeiterteams leisten können, nicht mehr als entscheidendes Kriterium für die persönliche Abhängigkeit des Mitarbeiters und die Fremdnützigkeit seiner Arbeitsleistung angesehen (vergleiche BAG, Urteil vom 30.11.1994, a.a.O., unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung; BSG, Urteil vom 28.01.1999 – B 3 KR 2/98 R = SozR 3 – 5425 § 1 Nr. 5).

43 Programmgestaltende Mitarbeiter sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes namentlich Regisseure, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftler und Künstler, deren Tätigkeit dadurch gekennzeichnet ist, dass sie typischer Weise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen und anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendungen einbringen. Bei diesen Rundfunkmitarbeitern steht der Einfluss auf den gedanklichen Inhalt der einzelnen Sendungen im Vordergrund im Sinne einer journalistisch-schöpferischen und künstlerischen Tätigkeit. Nicht zu den Programm gestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben (BVerfG, Beschluss vom 13.01.1982 – 1 BvR 848/77 u. a., a.a.O.; BAG, Urteil vom 19.01.2000 – 5 AZR 644/98 = BAGE 93, 218, 224). Zu den nicht Programm gestaltenden Tätigkeiten können auch, je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, reine Sprecherleistungen zählen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.12.1992 – 1 BvR 1462/88 = NZA 1993, 741).

44 Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze handelte es sich bei den streitgegenständlichen Tätigkeiten des Klägers für die Beigeladenen zu 1) bis 8) (hinsichtlich letzterer nur insoweit als diese nicht zur Sozialversicherung angemeldet wurden bzw. als die Sozialversicherungspflicht nicht von der Beklagten anerkannt wurde [bezgl. des Einsatzes am 08.06.2007]), nicht um abhängige Beschäftigungen.

45 Den Einsätzen lag jeweils kein schriftlicher Vertrag zu Grunde, so dass aus den tatsächlichen Verhältnissen auf das zwischen Beteiligten gewollte Vertragsverhältnis zu schließen ist (vgl. BSG, Urteile vom 24.01.2007 und vom 28.05.2008, a.a.O.). Danach ist vorliegend festzuhalten, dass sowohl dem Kläger als auch dem jeweiligen Auftraggeber das Gemeinsame Rundschreiben über die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Synchronsprechern vom 30.09.2005 bekannt war und dass für den Kläger klar war, dass sich die jeweilige Produktionsfirma hieran halten würde. Sofern danach nach dem Rundschreiben eine selbstständige Tätigkeit gegeben war, d.h. grds. bei nur kurzzeitigen Einsätzen von maximal 3 Tagen und weniger als 50 Einsatztagen bei demselben Unternehmen in einem Jahr und bei Fehlen einer ausdrücklichen oder konkludenten Rahmenvereinbarung (insbesondere Serienproduktionen), war beiden Beteiligten bewusst, dass die Abrechnung durch die Produktionsfirma auf Honorarbasis als selbstständige Tätigkeit erfolgt. Mit der Übernahme des jeweiligen Auftrages hat der Kläger folglich das Angebot der jeweiligen Produktionsfirma auf Abschluss eines freien Dienstvertrages angenommen, so dass ein solcher jeweils übereinstimmend gewollt war und zustande gekommen ist. Dafür spricht auch der Zusatz des Klägers auf der in der mündlichen Verhandlung überreichten Gagen-Liste, die er den Produktionsfirmen jeweils bekannt gab. In diesem Schreiben heißt es unter anderem: „Grundsätzlich führt mich die BEK als „unständig beschäftigt“. Sollte ohne Sozialabgaben abgerechnet werden (über Rechnung oder mit Pauschale an die KSK), wird ein Aufschlag von 10% auf die Gesamtgage erhoben. …“. Dies belegt, dass der Kläger eine Abrechnung auf selbstständiger Basis grundsätzlich akzeptiert und hierfür lediglich einen Aufschlag verlangt. Hätte der Kläger auf Basis eines freien Dienstvertrages nicht tätig werden wollen, hätte er dies gegenüber der jeweiligen Produktionsfirma zu erkennen geben und auf dem Abschluss eines schriftlichen oder mündlichen Arbeitsvertrages bestehen müssen. Dass er dann den jeweiligen Auftrag möglicherweise nicht erhalten hätte, steht dem nicht entgegen sondern unterliegt der Vertragsfreiheit der Beteiligten.

46 Ist somit davon auszugehen, dass jeweils eine selbstständige Tätigkeit (und kein Arbeitsvertrag) übereinstimmend gewollt war, kommt diesem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 28.05.2008, a.a.O., bei juris Rdnr. 16). Dies ist vorliegend der Fall.

47 Bei der Tätigkeit eines Synchronsprechers handelt es sich entsprechend der oben dargelegten Rechtsprechung des BVerfG und des BAG grundsätzlich um eine programmgestaltende Mitarbeit. Auch wenn dem Synchronsprecher der zu sprechende Text grundsätzlich vorgegeben wird und er sich zudem an die Anweisungen von Regisseur, Cutter und Tonmeister zu halten hat, erbringt er im Hinblick auf das von der Produktionsfirma hergestellte Endprodukt der synchronisierten Tonfassung eines (ausländischen) Films im Wesentlichen eigenschöpferische künstlerische Leistungen, ohne die das Gesamtwerk nicht gelingen könnte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.10.2003 – L 9 KR 135/00, zitiert nach juris). Er muss mit Sprachgefühl und Einfühlungsvermögen die fremde Sprache des Ausländers in der filmischen Vorlage so naturgetreu wie möglich ins Deutsche transponieren. Für Aufgaben dieser Art werden für eine bestimmte Rolle Synchronsprecher wegen ihrer Stimme und ihrer Sprechweise und nach dem besonderen Sprachgefühl und Einfühlungsvermögen ausgesucht. Diese Tätigkeit ist in ihrer Qualität mit der eines Schauspielers im Spielfilm vergleichbar, die in der Regel als künstlerisch zu qualifizieren ist. Ebenso wie der Filmschauspieler eine Rolle außer mit Gestik und Mimik auch mit der Sprache gestaltet, bedient sich ein Synchronsprecher der Sprache als Ausdrucksmittel (so weitgehend wörtlich BFH, Urteil vom 03.08.1978 – VI R 212/75, zitiert nach juris).

48 Sofern das LSG Hamburg in der vom Klägervertreter angeführten Entscheidung vom 24.02.1994 (VI KRBf 4/92, unveröffentlicht) der Ansicht ist, allein die Frage, ob der Synchronisationssprecher eine künstlerische Tätigkeit ausübe, sei für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung unerheblich, berücksichtigt es hierbei nicht hinreichend die Rechtsprechung des BVerfG zur statusrechtlichen Einordnung programmgestaltender Mitarbeiter, wonach die Einbringung der individuellen künstlerischen Befähigung für eine Einordnung als programmgestaltender Mitarbeiter und damit letztlich auch gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht.

49 Allein die Tatsache, dass Ort und Zeit der Tätigkeit im Rahmen der jeweiligen Produktion feststehen, spricht noch nicht für eine Weisungsgebundenheit. Die Bindungen, denen der Kläger insoweit unterlag, ergaben sich aus den vertraglichen Vereinbarungen und waren gerade nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.1999 – B 3 KR 2/98 R, bei juris Rdnr. 24).

50 Nach der oben dargelegten Rechtsprechung des BVerfG, des BAG und des BSG lässt sich eine persönliche Abhängigkeit von programmgestaltenden Mitarbeitern nicht schon aus ihrer Abhängigkeit vom technischen Apparat der Sendeanstalt bzw. der Produktionsfirma und ihrer Einbindung in ein Produktionsteam ableiten. Die programmgestaltenden Mitarbeiter, zu denen der Kläger zu zählen ist, stehen nur dann in einem Arbeitsverhältnis zur Sendeanstalt bzw. zur Produktionsfirma, wenn diese innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann. Dies ist anzunehmen, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang ohne Abschluss entsprechender Vereinbarungen zur Arbeit herangezogen werden kann; etwa wenn die Rundfunk- bzw. Fernsehanstalt bzw. die Produktionsfirma einseitig, ohne Mitwirkung des Mitarbeiters, Dienstpläne aufstellt (BSG, a.a.O., Rdnr. 23). Solche einseitigen Vorgaben wurden dem Kläger von den beigeladenen Produktionsfirmen indes nicht gemacht. Weder gab es Dienstpläne noch fest vorgegebene Arbeitszeiten. Die zeitliche Festlegung der Tätigkeitstage erfolgte vielmehr durch Disponenten, die sich mit den Disponenten anderer Produktionsfirmen abstimmten und auf die sonstigen Termine des Klägers Rücksicht nahmen.

51 Dass der Kläger bei seiner Tätigkeit fachliche Anweisungen des Regisseurs, des Cutters und des Tonmeisters erhielt, steht dem programmgestaltenden Charakter der Tätigkeit nicht entgegen und begründet für sich genommen noch keine Weisungsgebundenheit. Die künstlerisch-fachlichen Vorgaben stehen einer Einordnung als selbständige Tätigkeit nicht entgegen. Sie sind bei solchen Kunstwerken üblich und notwendig, die von einer Vielzahl von Beteiligten erstellt werden, etwa auch dann, wenn berühmte Solisten oder Schauspieler innerhalb eines festen Ensembles auftreten, wo sie den Anweisungen des Dirigenten oder Regisseurs unterliegen, ohne dass deswegen ihre eigene künstlerische Selbständigkeit in Zweifel gezogen werden könnte (BSG, a.a.O.).

52 Gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht vorliegend insbesondere, dass der Kläger für eine Vielzahl von Synchronunternehmen tätig ist/war und dass die Abwicklung eines Synchronauftrages in den insofern streitbefangenen Fällen jeweils nur eine zeitlich kurze Berührung (bis zu drei Tagen) mit den Synchronunternehmen mit sich brachte (vgl. BFH, a.a.O.). Der Kläger war ausweislich der im Klageverfahren eingereichten Liste im Jahr 2007 für 23 verschiedene Produktionsfirmen und jeweils in der Regel auch für verschiedene Projekte als Synchronsprecher tätig, wobei die meisten Tätigkeiten nur wenige Einsatztage umfassten. Schriftliche oder konkludente Rahmenverträge gab es überwiegend (bis auf die von den Produktionsfirmen auch zur Sozialversicherung angemeldeten Serientätigkeiten) nicht. Die kurzfristige Berührung mit den einzelnen Synchronunternehmen prägte die streitbefangenen Tätigkeiten des Klägers und stellt damit ein wesentliches Indiz für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeiten dar (vgl. BFH, a.a.O.). Insofern weicht die vorliegende Fallgestaltung auch von dem der Entscheidung des vom Kläger angeführten Urteils des LSG Hamburg vom 24.02.1994 (VI KRBf 4/92) zu Grunde liegenden Sachverhalt ab, in dem der dortige Synchronsprecher nicht bei einer Vielzahl anderer Produktionsfirmen tätig war, sondern bei verhältnismäßig wenigen anderen Unternehmen und überwiegend bei der dortigen Klägerin, mit der er über etwa 10 Jahre eng zusammengearbeitet hatte.

53 Hiergegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass das Steuerrecht keine Sonderregelungen bezgl. unständiger Beschäftigungen kenne, wie sie das Sozialrecht in §§ 27 Abs. 3 Satz 1 SGB III, 232 Abs. 3 SGB V bzw. 163 Abs. 1 SGB VI vorsehe. Zum einen zwingt allein die Feststellung wiederholter, jeweils gesondert und „von Fall zu Fall“ vereinbarter Tätigkeiten im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses nicht zu der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses. Erforderlich ist auch hier stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung entwickelten Grundsätze (BSG, Urteil vom 28.05.2008, a.a.O., juris Rdnr. 26). Zum anderen wird die Möglichkeit unständiger Beschäftigungsverhältnisse durch die vorstehenden Ausführungen nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Wenn aber gleichartige kurzzeitige Beschäftigungen für eine Vielzahl von Auftraggebern ausgeübt werden, spricht dies unabhängig von den Regelungen über unständige Beschäftigungen gegen eine enge Bindung an den jeweiligen Auftraggeber, gegen eine erhöhte Abhängigkeit von diesem und auch gegen eine erhebliche Eingliederung in die betriebliche Organisation und kann im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung daher einen Umstand darstellen, der gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht.

54 Auch der Einwand des Klägers, dass die steuerrechtliche Beurteilung nach völlig anderen Maßstäben erfolge, als die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung und daher die finanzgerichtliche Rechtsprechung nicht maßgeblich sei, verfängt nicht. Auch wenn nach der Rechtsprechung des BSG die sozialrechtliche Beurteilung von der steuerrechtlichen Beurteilung abweichen kann (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1990 – 11 Rar 73/90, zitiert nach juris), sind die vom BFH gegen das Vorliegen der Arbeitnehmerstellung angeführten Argumente ohne weiteres auch im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nach Maßgabe der oben dargelegten Abgrenzungskriterien tragend, zumal dem Steuer- und dem Sozialversicherungsrecht weitgehend übereinstimmende Maßstäbe für den Begriff der Selbständigkeit zugrunde liegen (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.1980 – 12 RK 26/79 = SozR 2200 § 165 Nr. 45; für eine Übertragbarkeit speziell der Rechtsprechung des BFH zur Einordnung von Synchronsprechern auch SG Hamburg, Urteil vom 06.12.1991 – 21 KR 306/90, zitiert nach beck-online) und eine einheitliche Rechtsprechung zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtordnung zumindest wünschenswert ist.

55 Für eine Selbstständigkeit spricht ferner, dass die an den Kläger gezahlten Vergütungssätze nicht einseitig von den Produktionsfirmen vorgegeben wurde, sondern dass der Kläger selbst feste Gagensätze von allen Produktionsfirmen verlangt, die diese in der Regel akzeptieren, was eindrucksvoll durch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gagen-Liste belegt wird. Die einseitige Vorgabe von Vergütungssätzen ist geradezu typisch für Selbstständige, die ihre Leistungen selbst bewerten und ihre Preise kalkulieren. Hierin kommt auch ein unternehmerisches Risiko und ein Für ein unternehmerisches Auftreten am Markt zum Ausdruck. Im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ist hingegen die einseitige Vorgabe von Vergütungssätzen durch den Arbeitnehmer gänzlich unüblich.

56 Insofern spricht für Selbstständigkeit schlussendlich noch, dass der Kläger wegen der in der Regel nur kurzzeitigen Tätigkeiten für eine Vielzahl verschiedener Auftraggeber sich ständig um neue Aufträge bemühen muss und in diesem Rahmen auch über verschiedene Vermittlungsagenturen werbend am Markt auftritt (vgl. z.B. http://www.sprecher-datei.de/sprecher/Till_Hagen.php?allref=1; http://www.stimmgerecht.de/sprecher/383/Till-Hagen.html; http://www.synchronkartei.de/index.php?action=show&type=talker&id=239). Dies kann als unternehmerisches Handeln gewertet werden und bewirkt letztlich auch ein unternehmerisches Risiko.

57 Sofern der Kläger auf die Urteile des BSG vom 22.11.1973 (12/3 RK 83/71; 12/3 RK 84/71; 12 RK 17/72 und 12 RK 19/72) zur statusrechtlichen Einordnung kurzzeitig tätiger Rundfunk- und Fernsehsprecher Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass die diesen Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalte in entscheidenden Punkten von dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt abweichen. Insbesondere waren die Sprecher in den vom BSG zu entscheidenden Fällen überwiegend für einen einzelnen Auftraggeber an etwa 10 bis 20 Tagen im Monat tätig und hatten nur gelegentlich noch weitere Arbeitgeber. Der Rundfunk hatte sie in seinem Betrieb praktisch eingeplant und die Sprecher hatten sich für den Erwerb ihres Lebensunterhaltes im Wesentlichen auf die Verhältnisse und Anforderungen des Rundfunks eingestellt. Für diesen Fall läge auch nach Auffassung der Kammer und nach dem Gemeinsamen Rundschreiben vom 30.09.2005 grundsätzlich eine abhängige Beschäftigung vor. Überdies waren die vorgenannten Entscheidungen des BSG erkennbar getragen von dem Bestreben, denjenigen Sprechern, die ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch die Tätigkeit bei einer Sendeanstalt verdienten, eine soziale Absicherung zu verschaffen, soweit dies mit den grundrechtlich geschützten Erfordernissen der Anstalt in Einklang zu bringen war (so zutreffend SG Hamburg, a.a.O.). Unabhängig von der rechtlichen Relevanz der sozialrechtlichen Schutzbedürftigkeit im Rahmen der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit hat sich die diesbezügliche Lage der Funk-, Film- und Fernsehmitarbeiter durch die Einführung des KSVG im Jahr 1981 deutlich entschärft.

58 Sofern der Kläger insofern noch einwendet, dass die Beigeladene zu 12) bei der Entscheidung über das Bestehen der Versicherungspflicht nach dem KSVG nach anderen Maßstäben als die übrigen Sozialversicherungsträger entscheidet, insbesondere nicht auf Grundlage des Gemeinsamen Rundschreibens vom 30.09.2005, erscheint dies bereits wenig glaubhaft, da die Beigeladene zu 12) in einem Informationsschreiben u.a. für Synchronsprecher bezgl. der Versicherungspflicht (abrufbar unter http://www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/download/daten/Versicherte/Info_Sprecher.pdf, aufgerufen am 07.04.2011) ausdrücklich auf das Gemeinsame Rundschreiben vom 30.09.2005 hinweist und darauf, dass sie selbst von den darin niedergelegten Abgrenzungskriterien ausgeht. Zudem wurde die Versicherungspflicht des Klägers nach dem KSVG nicht deshalb abgelehnt, weil die Synchronsprechertätigkeiten insgesamt als abhängig anzusehen sind oder der Kläger nicht als Künstler anzusehen ist, sondern weil – was unstreitig ist – der Kläger auch weiterhin teilweise anhängig beschäftigt ist und weil seine diesbezüglichen Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung die die Versicherungsfreiheit nach dem KSVG (vgl. § 4 Nr. 2 KSVG) begründende Grenze übersteigen bzw. Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 1 KSVG besteht (vgl. die Bescheide der Beigeladenen zu 12) vom 03.03.2000 und vom 16.05.2006, Bl. 49 und 83 der Verwaltungsakten der Beigeladenen zu 12). Im Übrigen wäre es ggf. Sache des einzelnen Synchronsprechers, die Versicherungspflicht nach dem KSVG notfalls gerichtlich feststellen zu lassen (vgl. insofern auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.10.2003 – L 9 KR 135/00).

59 Nach alledem bleibt festzuhalten, dass der Kläger im Rahmen der streitbefangenen kurzzeitigen Tätigkeiten für die Beigeladenen zu 1) bis 8) selbstständig tätig war und mithin nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

60 Im Hinblick auf das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände vom 30.09.2005 ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass derartige Vereinbarungen hinsichtlich der sozialversicherungsrechtliche Beurteilung weder die Beteiligten noch das Gericht binden (vgl. BSG Urteil vom 28.01.1999 – B 3 KR 2/98 RBSGE 83, 246, bei juris Rdnr. 19). Jedoch fußen die in dem Gemeinsamen Rundschreiben aufgeführten Abgrenzungskriterien auf der (insofern auf die sozialrechtliche Beurteilung übertragbaren) Rechtsprechung des BFH und stehen auch mit den bei der Abgrenzung nach der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu Grunde zu legenden Abgrenzungskriterien in Einklang, so dass sie auch im Interesse der Rechtssicherheit für die Beteiligten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls durchaus als Auslegungshilfe herangezogen werden können (vgl. dazu auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.07.2008 – L 2 U 211/07, juris Rdnr. 24). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligten – wie vorliegend – ihre vertraglichen Vertragsverhältnisse auch tatsächlich an der Vereinbarung der Spitzenverbände ausrichten, da dann – mangels anderweitiger Vereinbarungen – hieraus auf das gewollte Vertragsverhältnis geschlossen werden kann.

61 II. Sofern sich der Kläger dagegen wendet, dass seine Tätigkeiten für die Beigeladenen zu 8) und 13) im Rahmen von Serienproduktionen als kurzfristige und nicht als unständige Beschäftigungen eingeordnet wurden mit der Folge, dass Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet wurden und die Beiträge zur Rentenversicherung nur nach der Tages-BBG anstatt nach der Monats-BBG, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg.

62 Hinsichtlich dieser Tätigkeiten ist das Bestehen der Sozialversicherungspflicht dem Grunde nach zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Da nach dem Gemeinsame Rundschreiben vom 30.09.2005 eine abhängige Beschäftigung vorliegt, wenn eine ausdrückliche oder konkludente Rahmenvereinbarung über mindestens 4 Einsatztage besteht, ist nach den obigen Ausführungen davon auszugehen, dass der Kläger und die jeweilige Produktionsfirma bei der Vereinbarung einer Tätigkeit für eine Serienproduktion mit mindestens 4 im Voraus feststehenden Einsatztagen übereinstimmend vom Bestehen einer abhängigen Beschäftigung ausgehen und damit ein entsprechendes Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist. Die Vereinbarung einer Tätigkeit für eine Serienproduktion, die über einen längeren Zeitraum (mindestens 4 Tage) dauert, begründet auch eine stärkere Eingliederung in die betriebliche Organisation der Produktionsfirma, so dass die tatsächlichen Verhältnisse der Vereinbarung eines Beschäftigungsverhältnisses auch nicht offensichtlich entgegenstehen.

63 Der Kläger und der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 6) haben in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar dargelegt, dass bei Serienproduktionen in der Regel vorher nicht feststeht, wie lange die Serie tatsächlich läuft und wie viele Einsätze dementsprechend erforderlich sind. Häufig komme es bei Serienproduktionen auch vor, dass diese sehr kurzfristig (z.B. wegen zu geringer Einschaltquoten) abgesetzt werden oder dass über mehrere Monate kein Einsatz erfolgt. Für solche Fälle ist Übereinstimmung mit dem Gemeinsamen Rundschreiben vom 30.09.2005 und unter Berücksichtigung der Regelung in § 7 Abs. 3 SGB IV davon auszugehen, dass kein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis für die Dauer der gesamten Serienproduktion vorliegt, sondern ein wiederkehrendes Beschäftigungsverhältnis an den einzelnen Einsatztagen mit der Folge, dass für die Beitragsbemessung nur die jeweilige Tages-BBG zu Grunde zu legen ist (vgl. § 123 Abs. 3 SGB VI, § 1 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensverordnung; siehe auch Wehrhahn, in Kasseler Kommentar, SGB VI, 68. EL 2010, § 163 Rdnr. 3).

64 Dagegen kann der Kläger nicht einwenden, dass es sich bei den Einsätzen im Rahmen von Serienproduktionen um unständige Beschäftigungen handelt.

65 Für unständig Beschäftigte ist nach § 163 Abs. 1 Satz 1 SGB VI als beitragspflichtige Einnahmen ohne Rücksicht auf die Beschäftigungsdauer das innerhalb eines Kalendermonats erzielte Arbeitsentgelt bis zur Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Unständig ist die Beschäftigung nach Satz 2, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist.

66 Die wiederkehrende Beschäftigung im Rahmen einer über mehr als 5 Einsatztage dauernden Serienproduktion ist jedoch nicht nach der Natur der Sache oder im Voraus durch den Vertrag auf weniger als eine Woche befristet (vgl. dazu abermals das Gemeinsame Rundschreiben vom 30.09.2005).

67 Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des BSG (ungeschriebene) Voraussetzung einer unständigen Tätigkeit ferner ist, dass diese berufsmäßig ausgeübt wird (BSG vom 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R, juris Rdnr. 25 m.w.N.). Berufsmäßigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Beschäftigungen zeitlich oder wirtschaftlich den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bilden (BSG, a.a.O.). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall, da der Kläger den überwiegenden Teil seiner Einnahmen (insbesondere auch aus Werbeaufträgen und aus Dokumentationen sowie aus den kurzfristigen Synchronsprechertätigkeiten) aus seiner selbstständigen Tätigkeit erzielt.

68 Weil es sich bei den streitgegenständlichen Serienproduktionen nicht um unständige Beschäftigungen handelte, haben die Beigeladenen zu 8) und 13) insofern auch zu Recht Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt (vgl. § 27 Abs. 3 SGB III).

69 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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